II. Das Menschenbild
Der Mensch ist ein einheitliches Wesen, in dem vier Wesensbereiche gegliedert beschrieben werden können:
1. Der physisch sichtbare Mensch1 erhält seine individuelle körperliche Ausprägung durch die lebendige und Grundlagen bildende, beseelende, inspirierende und durchgeistete, orientierende Tätigkeit.
2. Das Lebendige im Menschen ist eine Kraft, die sich nach zwei Seiten öffnet: Sie führt die irdischen Substanzen zur Menschenform zusammen und öffnet sich dem Seelischen indem sie Eindrücken Dauer verleiht und Erinnerungen, Gewohnheiten und Fähigkeiten dadurch bildet, dass sie kosmisch-rythmischem Geschehen folgt. Z.B. Tag und Nacht.
3. Die Seele, als die Mitte des Menschen, öffnet sich ebenfalls nach zwei Seiten. Sie folgt irdischer Notwendigkeit und verbindet diese mit geistiger Intuition. Aus dieser Tätigkeit impulsiert sie den lebendigen und physischen Leib in welchem sie selbst lebt. Sie reagiert auf alles unmittelbar mit sympathischen und antipathischen Kräften, solange sie von einem höheren Ich in sich nichts weiß und sich geistiger Intuition verschließt. Die Wirklichkeit der Seele ist ihr Schicksalsfeld und ihr Schicksalslauf. Das Schicksalsfeld versteht sich als das seelische Handlungsfeld der Gegenwart. Der Schicksalslauf vollzieht sich in zwei Zeitströmen: einen Zeitstrom aus der Vergangenheit und einen Zeitstrom aus der Zukunft, in denen sich aus Unvorhergesehenem Neues ergibt.
Der Mensch ist seinem Wesen nach auf das Geistige orientiert. Er findet diesen Geist in der Betätigung seines individuellen Geistes, seines Ich. Mit seiner geistigen Individualität, seinem Ich kann der Mensch in seiner Seele selbstschöpferisch wirken. Die Bedingung für die selbstschöpferische Tätigkeit ist das Schicksalsfeld der Seele. Frei ist der Mensch da, wo er in diesem Schicksalsfeld aus Erkenntnis handelt. Somit ist das Ich in der Seele tätig und zugleich Wahrnehmungsorgan für das Geistige in der Welt. Sein Ich in der Seele wird somit in der Biografie in allen Lebenslagen versuchen, die Sinnhaftigkeit zu erkennen und ihr zu folgen. Der individuelle Geist ist somit dem Geistigen in der Welt geöffnet und der rechten Impulsierung der Seele verpflichtet, damit diese den im Menschen angelegten, idealischen Menschen ausgestalten kann.
Empfindet man diesen Gedanken: Die Tätigkeit des individuellen Geistes in seiner stets andauernden Entwicklung, kann erlebbar werden, dass ein einzelnes Leben zwischen Geburt und Tod dafür nicht ausreicht; so dass das konsequente Denken der Sinnhaftigkeit, die Erkenntnis eines nachtodlichen und damit auch vorgeburtlichen Daseins notwendig macht.
Aus der Ausarbeitung dieses Menschenbildes wurde bewusst: Die Geschlossenheit der menschlichen Gestalt in ihrem Leben, ihrem Streben, ihrem Werden und in ihrem Sterben ist die Würde des Menschen.
4. Der Leib ist als ideeller Raum (oder Gefäß) der lebendigen, seelischen und geistigen Kräfte aufzufassen und manifestiert sich im physisch, sichtbaren Körper. In ihm leben alle beschriebenen Glieder.